Gesellschaft

Wie verändert WhatsApp den kommunikativen Austausch?

Teil einer WhatsApp-Gruppe zu sein, ist wohl heute keine Seltenheit mehr. Doch welche Konsequenzen ergeben sich daraus für unsere Kommunikationsweisen?

WhatsApp-Logo

Foto: Ida Marleen Krafft

WhatsApp – Die App erreichte im Juni 2023 eine User-Zahl von knapp 2 Milliarden Menschen weltweit. Vermutlich gibt es genauso viele WhatsApp-Gruppen. Ob Geburtstage, Gruppenarbeiten, Urlaube, scheinbar alles lässt sich auf dem digitalen Messengerdienst klären und besprechen. Doch inwiefern ändert sich damit unser kommunikatives Verhalten?  
Mimik und unsere spezifischen Gestiken zeichnen uns als Menschen aus. Wir interpretieren Situationen und können durch die Auswahl erlernter Verhaltensmuster verschieden reagieren. Doch all diese Spezifika entfallen in digitalen Interaktionen wie auf WhatsApp. Smileys ersetzen Gestik und Mimik und verändern somit unsere soziale Interaktion. Doch können animierte Symbole der Vielschichtigkeit unseres sprachlichen Ausdrucks gerecht werden? Können GIFs und das ein oder andere Meme Sarkasmus, Ironie oder gar unser Verhältnis zu einer Person widerspiegeln? 


Weitergehend stellt sich die Frage, inwiefern sich unsere soziale Interaktion auf digitalen Netzwerken wie WhatsApp zwischen Einzel- und Gruppenchats unterscheidet. Eine Gruppe kann eine Zugehörigkeit symbolisieren. Die soziale Verbundenheit kann dabei natürlich variieren. Ob man einer WhatsApp-Gruppe im Studium mit 70 Menschen oder einer Gruppe mit den drei besten Freunden angehört, verändert ebenfalls die Rahmenbedingungen. Je größer die Gruppe, desto leichter die Anonymität oder die Möglichkeit der freiwilligen Abschottung aus der sozialen Interaktion. So können sich Personen leichter der Verantwortung entziehen, einer eingehenden Nachricht antworten zu müssen. Es ist ein Leichtes, Fragen zu ignorieren. Dies wäre in normalen Interaktionen nicht gegeben. Denn wie anfänglich erwähnt, nutzen wir erlernte Kommunikationsmuster, in denen wir eine Frage nicht ignorieren würden – allein aus sozialen Gründen. Dies begründet sich darin, dass Interaktion von Angesicht zu Angesicht in einem authentischen Rahmen stattfindet. Ob dies auf eine Gruppe mit 70 Leuten zutrifft, ist dabei allerdings fraglich. 
Nutzt man hierbei einen Vergleichswert einer Seminargruppe, ist es bei einer Gruppegröße wie dieser auch einfach, sich nicht in die Interaktion einbringen zu müssen. Umso mehr kann an dieser Stelle auch der entscheidende Vorteil von WhatsApp-Gruppen geschildert werden: Auf dieser Plattform besteht zumindest die Möglichkeit, dass sich 70 Menschen gleichzeitig beteiligen könnten. Und dabei bleibt die Zahl nicht bei 70 – laut einem Artikel der Stadt Bremen zufolge könnten bis zu 512 Menschen gleichzeitig innerhalb einer Gruppe kommunizieren. Somit ermöglichen WhatsApp-Gruppen Interaktionen ungebunden an zeitliche oder räumliche Differenzen. Allerdings erscheinen bisherige Gesprächsmuster für die digitale Kommunikation im Weiteren als nicht mehr zutreffend. 
Die bewusste Ablehnung erlernter Gesprächsmuster kann gefördert werden und in Phänomen „ghosting“ münden Ghosting bezeichnet im sinngemäßen Kontext den plötzlichen Kontakt- oder Kommunikationsabbruch ohne Ankündigung. Der internationalen Hilfsorganisation „Malteser“ zufolge wurden etwa 24 Prozent der Menschen in Deutschland schon geghostet. Hierbei kann dies nicht nur eine Gruppeninteraktion betreffen, sondern auch Chats zwischen zwei Personen. 

Um die zu Anfang gestellte Frage zu beantworten, kann WhatsApp die Kommunikation verändern: In WhatsApp-Gruppen entsteht die Chance, einer gleichzeitigen, effizienten Kommunikation mehrerer hundert Menschen, allerdings erfordert der digitalkommunikative Austausch eine erhöhte Fähigkeit, Nachrichten trotz des Wegfalls sämtlicher Gestik und Mimik korrekt zu deuten. Entfällt diese Kompetenz, können Missverständnisse begünstigt und Abschottungen in die eigene „Blase“ resultieren.