Kultur

Konzertbericht: Derya Yıldırım & Grup Şimşek im Kulturhaus Schwanen Waiblingen

Derya Yıldırım & Grup Şimşek lieferten im Kulturhaus Schwanen einen hypnotischen Mix aus Psychedelic Rock und türkischen Klängen. Ein Abend voller Überraschungen!

Am 14. September 2024 kehrten Derya Yıldırım & Grup Şimşek zum zweiten Mal auf die Bühne des Kulturhaus Schwanen in Waiblingen zurück. 

Die Band, angeführt von der Hamburger Sängerin und Baglamaspielerin Derya Yıldırım, besteht aus Helen Wells aus Südafrika (Schlagzeug) sowie den französischen Musikern Graham Mushnik (Synthesizer) und Antonin Voyant (Gitarre, Bass, Querflöte). 
Gemeinsam erschaffen sie eine musikalische Symbiose aus psychedelischer Rockmusik der 60er Jahre, Elementen von Funk und Pop sowie traditioneller türkischer Musik. Vor allem durch den Einsatz der Baglama – einer Langhalslaute – kreieren sie einen einzigartigen Sound, der sowohl westliche als auch orientalisch-anatolische Einflüsse harmonisch vereint.

Derya Yıldırım & Grup Şimşek, deren musikalische Reise 2017 mit der EP „Nem Kaldı“ begann, haben sich in der europäischen Musikszene etabliert. Ihre Mischung aus westlichen und östlichen Einflüssen hat internationale Anerkennung gefunden, und neben Konzerten in Deutschland sind auch Auftritte in den USA und der Türkei geplant. Ein neues Album soll im Frühjahr 2025 erscheinen.

Die Band wurde mit großem Applaus empfangen und eröffnete ihr Set mit dem energiegeladenen Titel „The Trip“. Dieser Song legte den Grundstein für einen stimmungsvollen Abend. Im Laufe des Konzerts präsentierte die Band eine abwechslungsreiche Mischung aus bekannten Stücken und neuen Titeln, darunter „Cool Hand“, der wenige Tage später veröffentlicht wurde. Diese Vielfalt sorgte für ein dynamisches und spannendes Set.

Zwischen den Stücken nahm sich Derya Yıldırım immer wieder Zeit, um persönliche Einblicke in die Entstehungsgeschichte der Band sowie die Bedeutung der gespielten Lieder zu geben. Sie übersetzte die türkischen Titel ins Deutsche und erklärte ihren Hintergrund, was dem Publikum half, die kulturelle und emotionale Tiefe der Musik besser zu verstehen. Auch wenn bei Konzerten oft der Grundsatz „weniger reden, mehr spielen“ bevorzugt wird, waren diese Ansagen hier essenziell, um die besondere Verbindung zwischen den Stücken und ihrer kulturellen Herkunft zu verdeutlichen.

Ein besonders eindrucksvoller Moment des Abends war, als Derya Yıldırım in einer ihrer Ansagen betonte, dass Grup Şimşek nicht einfach als „türkische Band“ bezeichnet werden könne, die „türkische Musik“ spiele. Dies liege nicht nur an der internationalen Zusammensetzung der Band, sondern auch daran, dass die türkische Musik – insbesondere die Baglama – seit über 60 Jahren in Deutschland verwurzelt und längst Teil der deutschen Kultur geworden sei, auch wenn dies vielen nicht bewusst sei. Dieser Gedanke gab der Musik eine tiefere, nachdenklichere Dimension.

Emotionale Höhepunkte des Abends waren auch die Themen Heimat und Sehnsucht, die Derya in ihrer Ansage zum nächsten Stück thematisierte. Sie sprach über die Gefühle von Einsamkeit, Sehnsucht und Traurigkeit, die viele Menschen empfinden, wenn sie fern ihrer Heimat leben. Diese Emotionen spiegelten sich in dem Stück „Gurbet“ des bekannten Musikers Özdemir Erdoğan wider, das genau diese Erfahrungen musikalisch einfängt. Als die ersten Töne erklangen, stimmten viele im Publikum ein und sangen den vertrauten Text mit.

Nachdem das letzte Lied des regulären Sets verklungen war, forderte das begeisterte Publikum lautstark eine Zugabe. Unter großem Applaus kehrte die Band zurück auf die Bühne und spielte zwei weitere Songs. Den krönenden Abschluss des Abends bildete „Nem Kaldı“, ein traditionelles Volkslied von Aşık Mahzuni Serif, das mit großer Hingabe vorgetragen wurde. Dieser emotionale Ausklang ließ das Publikum bewegt zurück. Am Ende des Konzerts nutzten viele Besucher die Gelegenheit, am Merch-Stand mit der Band ins Gespräch zu kommen oder Schallplatten zu kaufen.

Besonders beeindruckend war, wie die vier Musiker*innen es schafften, ihre individuellen Stärken in einem harmonischen Gesamtklang zu vereinen. Trotz komplexer Rhythmen und vielschichtiger Songstrukturen wirkte ihr Zusammenspiel mühelos und intuitiv. Jeder Ton, jede Nuance schien perfekt aufeinander abgestimmt, als würden sie miteinander improvisieren und gleichzeitig einer präzisen musikalischen Choreografie folgen. Diese Leichtigkeit im Umgang mit anspruchsvollen Arrangements machte deutlich, wie viel Erfahrung und Können bei jedem einzelnen Bandmitglied zu finden ist. Ihr Spiel vermittelte nicht nur technisches Können, sondern auch eine tiefe musikalische Verbundenheit, die auch vor der Bühne zu spüren war.

Der Abend im Kulturhaus Schwanen war nicht nur ein Konzert, sondern eine emotionale Reise, die musikalische Brücken zwischen verschiedenen Kulturen und Generationen schlug. Derya Yıldırım & Grup Şimşek bewiesen einmal mehr, wie kraftvoll und verbindend Musik sein kann.