Kultur & Gesellschaft

Sommerliebe oder Sommerloop

„The summer I Turned Pretty“

Eine Serie, die oft im Kreis läuft – und trotzdem schwer loszulassen ist.

Eine Frau sitzt vor dem Fernseher, auf dem das Intro der Serie "The Summer I Turned Pretty" zu sehen ist

Es ist Herbst 2025 und mein ganzer Social Media Feed fragt mich “Team Conrad or Team Jeremiah”. Manche Kommentarspalten sagen alle das eine, eine andere das andere und manche streiten sich. Ich denke mir nichts dabei und scrolle weiter. Bis auf Instagram die gleiche Frage an die Rennfahrer der Formel 1 gestellt wird und es in den Kommentaren genau so weiter geht. Inzwischen frage ich mich, was hier eigentlich los ist und nachdem selbst meine Lieblings Tiktoker*in (@ilanawiles) von der Serie schwärmt und die Vogue einen Artikel darüber veröffentlicht, bin ich hooked. Nach ein paar Gesprächen mit Freunden, die die Serie schon gesehen haben, wir mir klar, es geht in die Richtung des Films “The kissing booth“ - eine Teenager-Romanze, in der die weibliche Darstellerin zwischen ihrer großen Liebe, dem älteren Bruder oder der Freundschaft zu dem jüngeren Bruder entscheiden muss. In meiner Erinnerung geht der Film positiv aus, ich meine mich dunkel daran zu erinnern, dass es auch noch einen zweiten, wenn nicht sogar einen dritten Teil gab. Und dass ich sie alle mittelmäßig fand. Aber gut, das ist auch immer von personenabhängig. Ich gehe jetzt also in diesen Serien-Marathon mit einem Gefühl rein, dass es mir nicht wirklich gefallen wird. Aber wir probieren dem ganzen neutral gegenüber zu sein, und wer weiß, vielleicht empfehle ich am Ende diese Serie auch noch meiner Mutter.

Staffel 1:“Sehnsuchts- Sommer“

Die erste Staffel von „The Summer I Turned Pretty“ (TSIPT) beginnt stark: : Isabel, liebevoll von allen “Belly” genannt, verbringt wie jedes Jahr den Sommer mit den Fisher-Brüdern – Conrad und Jeremiah – in Cousins Beach. Man spürt gleich: Es sind nicht nur Sonne, Strand und erste Liebe, sondern auch Familienthemen, Verlust und das zurechtkommen mit den eigenen Gefühlen. Die Hauptfiguren sind sympathisch ausgearbeitet. Belly ist nicht perfekt, sie macht Fehler, und man kann sich in ihr wiedersehen. Der große Bruder Conrad wirkt still und kompliziert, Jeremiah als kleiner Bruder lebensfroh und zugänglich. Die Sommer-Atmosphäre, der Soundtrack, die Szenen – all das stimmt; es fühlt sich an, wie ein richtiger “Sehnsuchts-Sommer”: emotional stark, hoffnungsfroh, mit melodiöser Romantik, ohne unrealistisch zu wirken.

Staffel 2: „Spiralen – Sommer“

In Staffel 2 wird der Übergang von Jugend zu größerer Verantwortung thematisiert, aber nicht immer überzeugend. Manche Nebenhandlungen fühlen sich aufgeblasen an, und der Fokus driftet ab – es passiert zu viel Drama, welches nicht unbedingt notwendiger Bestandteil der weiter Handlung ist. Es fehlen die frischen Impulse. Die Staffel wirkt teilweise wie ein Mittelstück ohne eigene Identität. Als zusehende Person wartet darauf, dass es so weiter geht, wie in Staffel 1. Dies bleibt leider völlig aus. Die Figurenentwicklung, die in Staffel 1 stark war, wird hin und wieder von Klischees überlagert. Trotzdem gibt es schöne Momente, gutes Schauspiel und ein paar Erzählbögen, die berühren.

Staffel 3: „Sättigungs – Sommer“

Die aktuelle Staffel 3 knüpft natürlich an das bekannte Liebesdreieck an: Belly steht weiter zwischen Conrad und Jeremiah. Conrad bleibt der stille, oft schwer greifbare Typ, während Jeremiah zwar als der offene und leichtere Gegenpol inszeniert wird, jetzt allerdings mit ein bisschen mehr Tiefe. Es gibt immer noch Drama, fühlt sich aber manchmal wie ein erneutes Durchspielen alter Konflikte an.
Nebenfiguren wie Steven oder Taylor treten stärker in den Vordergrund und lockern die Geschichte auf. Das ist angenehm, weil es zeigt, dass nicht immer nur die Brüder über Bellys Schicksal bestimmen. Gleichzeitig verändert sich der Ton der Serie: Statt leichter Sommerromantik geht es stärker um Erwachsenwerden, Verantwortung und den Ernst des Lebens.
Die Serie schawnkt sehr. Positiv bleiben die Schauspieler*innen und die Musik, die weiterhin für Stimmung sorgen und manche Szenen wirklich tragen. Kritisch ist es, dass sich der zentrale Konflikt wie ein Loop anfühlt und manche Entscheidungen der Figuren unlogisch erscheinen.

Mein Fazit: Staffel 3 ist keine rundum gelungene Fortsetzung, aber sie bietet mehr Höhe- als Tiefpunkte. Sie bringt Bellys emotionale Entwicklung weiter, und trotz Wiederholungen war ich am Ende überrascht, dass mich die Serie doch noch berührt hat.

Die Vogue hat letztens den Artikel „Why Are Forty-Something Women Obsessed  With The Summer I Turned Pretty?" veröffentlicht. Für Frauen über 40 wirkt die Serie nicht bloß wie eine Teenager-Romanze. Sie erinnert an den eigenen Jugend-Sommer, an erste Liebe, an die Fragen, die man damals auch hatte: Wer bin ich, wen kann ich lieben, was erwartet das Leben von mir. Diese Rückblicke kombiniert mit erwachsenen Themen heute – Verlust, Verantwortung, Familie – machen TSITP mehrdimensional. Die Mutterfiguren, das Familienleben, die emotionalen Narben sind nicht Side Plots, sondern Teil des Ganzen, und das macht die Serie für ein breiteres Publikum attraktiv. Ich glaube, gerade diese Mischung aus Leichtigkeit und Schwere, Jugendträumen und Alltagsrealität bewirkt, dass auch meine Mutter oder andere in meinem Umfeld die Serie gesehen haben (oder sehen wollen).

Rückblickend auf meine Erwartungen kann ich sagen. „The Summer I Turned Pretty“ hat ich positiv überrascht und mehr geliefert, als ich erwartet hätte. Staffel 1 war stark, Staffel 2 unausgeglichen, und Staffel 3 hat mich trotz einiger Übertreibungen emotional stärker abgeholt als gedacht. Ich würde die Serie bedingt empfehlen – besonders Menschen, die Romantik, Nostalgie und Sommer-Ambiente mögen, und die es nicht stört, wenn das Drama mal überdreht.

Und die Abschlussfrage: Würde ich die Serie meiner Mutter empfehlen? Ja – ich glaube, sie würde sie mögen, gerade wegen dieser Mischung. Nicht als beste Serie aller Zeiten, aber als etwas, das mit Herz erzählt wird, und das einem auch dann noch etwas mitgibt, wenn man schon viel erlebt hat.